Ständestaat

Ständestaat
Stạ̈n|de|staat 〈m. 23; frühernach gesellschaftl. Ständen gegliederter Staat, in dem bestimmte Stände bei der Gesetzgebung u. Verwaltung mitwirken ● der mittelalterliche \Ständestaat

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Stạ̈n|de|staat, der (Geschichte):
(im späten MA. u. der frühen Neuzeit in Europa) Staatsform, in der die hohen Stände (5 c) unabhängige Herrschaftsgewalt u. politische Rechte innehaben.

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Stände|staat,
 
Staatswesen, in dem bestimmte Stände durch ihre Vertretungen an den Staatsgeschäften teilhaben. In den Staaten Mittel-, West- und Nordeuropas kennzeichnet das Ständewesen den Übergang von der feudalen Ordnung des Mittelalters zum modernen Verfassungsstaat. - Neben die regionale Ständeversammlung (Landstände) trat früh der Typus der Versammlung eines ganzen Landes, wie z. B. im Heiligen Röm. Reich der Reichstag, vergleichbar waren das englische Parlament, die französischen Generalstände, die Reichstage von Ungarn, Polen, Schweden u. a. Frühestes Anliegen von Ständeversammlungen war, sich im Austausch gegen politische und finanzielle Unterstützung des Landesherrn bestimmte Privilegien garantieren zu lassen. Aus diesen Herrschaftsverträgen leitete sich eine regional unterschiedliche Mit- und Selbstregierung ab, wobei sich die Ständeversammlung zunehmend als Repräsentantin des ganzen Landes verstand. Diese Tendenz führte in England zur Vorherrschaft des Parlaments. Auf dem europäischen Kontinent beendete der Absolutismus im 17.-18. Jahrhundert diese Entwicklung. Nach der Französischen Revolution knüpfte der Konstitutionalismus des 19. Jahrhunderts zum Teil an die ständische Tradition an und versicherte sich so eines starken Kontinuitätselements. Versuche zur Erneuerung des Ständestaats auf berufsständischer Grundlage wurden im 19. und 20. Jahrhundert von sehr unterschiedlichen weltanschaulich-politischen Richtungen vorgeschlagen, so von der katholischen Soziallehre und (mit geistesgeschichtlichen Verbindungen zum Syndikalismus) vom italienischen Faschismus (Korporativismus); im Allgemeinen soll dabei der berufsständisch gegliederte Staat die Klassengegensätze überwinden. Verfassungspolitisch soll er die parlamentarische Regierungsweise ersetzen oder durch Einrichtungen berufsständischer Art ergänzen. - 1934 errichtete E. Dollfuss in Österreich ein an den Vorstellungen der katholischen Soziallehre orientiertes ständestaatliches System. Berufsständische Vorstellungen realisierten v. a. der Faschismus in Italien unter B. Mussolini, aber auch die diktatorischen Regierungssysteme in Portugal unter A. Oliveira de Salazar und in Spanien unter F. Franco Bahamonde.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Absolutismus und Widerstandsrecht: Kampf um die Souveränität
 

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Stạ̈n|de|staat, der (hist.): (im späten MA. u. der frühen Neuzeit in Europa) Staatsform, in der die hohen Stände (5 c) unabhängige Herrschaftsgewalt u. politische Rechte innehaben.

Universal-Lexikon. 2012.

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